Die Steirerin, die Ende September bei den WMTRC in Canfranc starten wird, im Interview über die Vorbereitung auf die WM, Rituale und Dreifachbelastung.
Text: Klaus Molidor
Bilder: Markus Fruehmann, Klaus Molidor
Wieder einmal ist alles anders. Stress in der Arbeit, dann hat sich der Termin bei der Besprechung der Leistungsdiagnostik verschoben und dann das Training. Statt 30 Kilometern mit 2000 Höhenmetern sind es 27 Kilometer und 1350 Höhenmeter geworden, weil ein Abschnitt auf der geplanten Trainingsrunde gesperrt war. Nach einer kurzen Verschnaufpause nimmt sich die gebürtige Steirerin, die jetzt in Saalfelden lebt und arbeitet Zeit für das Interview.
Claudia, du hast heuer beim Koasamarsch den Bewerb über 46 Kilometer gewonnen, wolltest beim Großglockner Ultratrail die 57 Kilometer-Strecke in Angriff nehmen, bist keine ganz langen Distanzen gelaufen – deutet das auf den Trail Short bei den World Mountain and Trail Running Championships Ende September in Canfranc hin?
Nein, auf den langen. Ich hab bewusst gesagt, dass ich vorher keine langen Läufe mache, weil ich dann in Canfranc am Punkt sein will, bzw. Ende August beim CCC in Chamonix.
Hast du mit dem überraschenden 19. Platz in Innsbruck-Stubai 2023 Blut geleckt und willst heuer noch einen drauflegen?
Ja, das wäre natürlich mega. Dass es in Innsbruck bei der starken Konkurrenz so gut laufen wird und ich unter die Top 20 komme, hätte ich nicht gedacht. Die Strecken in Canfranc könnten mir entgegen kommen, weil ich es gerne mag, wenn es technische, anspruchsvolle Abschnitte gibt.
Warst du im Vorfeld einmal dort, oder fährst davor noch hin?
Nein, das geht sich bei mir leider nicht aus. Ich weiß, dass schon ganz viele Läuferinnen und Läufer dort sind. Ich müsste ja immer Urlaub dafür nehmen. Wofür es gut wäre, ist, dass man dann weiß, wo ein optimaler Abschnitt ist, um sich zu verpflegen, oder dort kann ich die Stöcke gut wegpacken. Ich schaue mir jetzt eben die Videos an, die Leute posten, die schon dort sind, um ungefähr zu wissen, was mich erwartet. Wenn man eine Strecke genau kennt, weiß man genau, was man wann tut.
Fährst du mit einem Platzierungsziel im Kopf zu den WMTRC?
Hmm. Noch einmal Top 20 wäre ein Hammer. Aber die anderen schlafen nicht. Es sind zwei Jahre vergangen, jeder hat seine Aufgaben gemacht. Es sind auf der Distanz jetzt so viele Läuferinnen brutal gut, dass man einen super Tag erwischen muss, an dem alles passt. In Innsbruck war das so. Da hatte ich von Anfang an ein gutes Gefühl und bin nie in ein Loch gefallen. Genauso wie letztes Jahr beim GGUT 110, den ich gewonnen habe. Da bin ich losgelaufen und hab gewusst: Das ist mein Tag. Die Beine haben sich vom ersten Schritt an super angefühlt, das ist einfach genial. Und wenn man dann in ein kurzes Loch reinfällt, holt man sich so schnell wieder raus, weil die Grundstimmung und der Schritt passen.
Diesen perfekten Tag kann man aber nur bedingt beeinflussen.
Das stimmt, aber man tut all das im Vorfeld, von dem man weiß, dass es einem gut tut. Bei mir ist der mentale Bereich sehr wichtig. Wenn ich mir schon vorher denke, dass das nicht meine Sache ist, dann wird es so sein. Wenn ich aber mit dem Gefühl zum Rennen gehe, dass heute mein Tag ist, dann hat es noch fast immer gepasst.

Claudia Rosegger nach ihrem Sieg beim GGUT 110 im Jahr 2024
Arbeitest du mit einem Mentaltrainer?
Ich hab das Glück, dass meine Arbeitskollegen, die mir gegenübersitzt, Mentalcoach ist und sie macht in der Arbeit mit mir immer ein bissl was. Ich war auch schon bei ihr und das werden wir vor der WM sicher auch wieder machen. Ich hab für mich über die Jahre aber rausgefunden, was ich brauch und welche Gedanken, worauf ich mich konzentrieren und fokussieren muss.
Nicht umsonst lautet dein Motto „Don’t stop me now“.
Genau. Den Song von Queen höre ich vor jedem Rennen. Das ist mein Ritual. Überhaupt helfen mir Rituale. Einen herzförmigen Stein von meinem Sohn hab ich immer mit und auch ein Armband, das er einmal gemacht hat. Da steht auf der einen Seite Luca, auf der anderen Mama. Bei meinem einzigen DNF bin ich nachher draufgekommen, dass ich es nicht dabei hatte…
Wie schulterst du Training, Rennen, Vollzeitjob und den Part als alleinerziehende Mutter?
Das frage ich mich ab und zu auch, aber es geht. Wenn man wirklich will, geht das. Dann findet man immer Lücken. Ich hab sicher nicht so viel Zeit wie andere zum Trainieren, aber ich versuche dann die Trainings wertvoll zu machen und wertvoll zu gestalten. Für mich passt dieses Rezept. Bei mir war es immer so, dass nicht so viel möglich ist und früher hab ich damit auch öfter gehadert. Als ich dann aber von Jahr zu Jahr gesehen habe, dass es immer noch passt, hab ich mir gedacht so falsch kann es nicht sein. Vielleicht trainieren andere ja zu viel. Ich nutze halt jede Lücke. Wenn mein Sohn Fußballtraining hat zum Beispiel, oder ein paar Stunden bei einem Freund ist, dann schiebe ich ein Training ein. Da bin ich sehr flexibel, dass ich jede Zeit, die ich bekomme, nutze.
Diese Flexibilität kommt dir sicher auch im Wettkampf zu Gute.
Natürlich, weil es nicht einmal passiert ist, dass die Strecken geändert wurden oder die Verhältnisse anders waren als gedacht. Da muss man sich immer schnell neu einstellen. So wie auch jetzt am Glockner. Da sind wir los, ich hab mich super gefühlt und nach einer Stunde mussten wir umdrehen, weil das Rennen abgebrochen wurde.
Dabei hätte es der Hattrick werden sollen, nach Siegen über 84 Kilometer 2023 und 110 Kilometer 2024.
Es kann auf den Trails immer was passieren, unabhängig von den Gegnern. Aber mein Traum war es schon, dass ich den dritten Sieg hole. Das war meine Intention.
Noch einmal zur WM. Entwickelt sich der Stellenwert der WMTRC in die Richtung einer Fußball-WM?
Die Entwicklung ist richtig gut und hat seit Innsbruck voll Fahrt aufgenommen. Der Sport wird gesehen, die Leute wollen dabei sein. Vor Innsbruck war es oft so, dass die Leute nicht alle dabei sein wollten, weil sie gesagt haben, ich hab eh meine Verpflichtungsrennen vom Sponsor und das reicht und aus der WM hab ich nicht so den Nutzen. Aber seit Innsbruck ist das Interesse der Läufer voll da und jetzt in Canfranc noch mehr. Wenn sie es so gut machen wie Innsbruck-Stubai, wird es noch einmal einen Schub geben.
