Deutschlands erfolgreichster Ultratrail-Läufer blickt auf ein spannendes Jahr 2025 zurück. Im Interview mit www.trailrunningworld.net reflektiert Hannes Namberger, 36 Jahre alt, mit einem UTMB-Index von 902 (Stand 13.11.2025), die aktuelle Situation seines Sports in Deutschland, positioniert sich in Bezug auf den UTMB und denkt bereits an die Zukunft.
Je professioneller eine Szene ist – egal ob in Politik, Wirtschaft oder Sport – desto mehr Mediencoaches und Kommunikationsgurus sind im Einsatz, die jeden Satz framen und jedes Wording vorgeben. Im Trailrunning-Sport besteht daher sicher noch Luft nach oben. Denn wenn DYNAFIT-Athlet Hannes Namberger spricht, hört man aus jedem Wort tiefe Ehrlichkeit.
Text: Egon Theiner
Bilder: UTMB, Hannes Namberger, DYNAFIT


Hannes, bevor wir auf dein persönliches Jahre 2025 zu sprechen kommen, lass uns doch mit einem anderen Thema beginnen: Der Zugspitz Ultra Trail firmiert in Zukunft „by UTMB“. Nicht die gesamte Trail-Community ist in Jubelstürmen ausgebrochen. Wie siehst du dies?
NAMBERGER: In zwei Worten: absolut positiv. Ich finde es grundsätzlich großartig, dass es endlich ein „by UTMB“-Rennen auch in Deutschland gibt. Der Eintritt dieser Organisation bringt sicherlich Veränderungen mit sich, aber es ist auch eine Chance, dem Trailrunning-Sport hierzulande neue Impulse zu geben. Es muss nicht immer alles so bleiben wie es war, und Deutschland kann als Trail-Nation profitieren. Die Chance für den heimischen Trail-Sport besteht darin, ihn endlich aus der Ecke des Breitensports und Hobbylaufs herauszuholen. Aber ich befürchte, dass wir den Sport als Nation noch immer nicht richtig verstanden haben.“
Wie das?
NAMBERGER: Was mich beim Zugspitz Ultra Trail, mit oder ohne „by UTMB“ schon stört: Es war und ist ein Breitensportevent und wird es wohl bleiben. Das ist auch okay. Doch jede Veranstaltung braucht ein Elitefeld, weil dieses den Hobbyläufern das Flair vermittelt, mit den Besten an derselben Startlinie zu stehen. Stars locken Unternehmen an und sorgen für eine überfüllte Expo, es sind auch die prominenten Namen, die den Event auf eine größere mediale Bühne heben. Wenn in Mexiko ein Trail-Event ausverkauft ist, interessiert das niemanden hierzulande. Wenn die Weltbesten dort sind, dann schon eher. Deswegen braucht der ZUT auch ein Elitefeld und sollte sich, mit Verlaub, darum kümmern.
Dort starten, wo es was auf’s Maul geben kann
Ist eigentlich nicht die Über-Kommerzialisierung der UTMB-Welt das wichtigere Thema?
NAMBERGER: Selbstverständlich nehme auch ich die Diskussionen um hohe Startgelder, Herausforderungen im Anmeldeprozess, überlastete Server, und so weiter, wahr. Dennoch geht mein Fokus in eine andere Richtung, in jene des Leistungssports. Aber ich verstehe, wenn Breitensportler ihren eigenen Zugang haben. Sie investieren eine Menge Geld, um Startgebühren, Unterkunft und Logistik zu finanzieren. Das trifft auf mich nicht zu. Ich zahle in anderer Währung – ich stehe im Fokus der engeren und weiteren Öffentlichkeit, muss Leistung bringen, Erwartungshaltungen und Druck standhalten. Oder ich habe die Aufgabe nicht erfüllt.
Doch solange der ZUT kein Feld aufbietet, bei dem ich auch eine auf’s Maul bekommen kann, werde ich dort wohl nicht antreten. Für 2026 habe ich jedenfalls bereits für den Lavaredo Ultra Trail by UTMB gemeldet Dort habe ich dreimal gewonnen, aber dort weiß ich auch, dass, Siege hin oder her, die Konkurrenz garantiert groß sein wird.


Lavaredo und ZUT schließen sich aufgrund ihrer zeitlichen Nähe aus, doch das Kultrennen in Italien liegt perfekt für einen Saisonhöhepunkt im August.
NAMBERGER: So ist es, ich werde wieder in Chamonix beim Ultra Trail du Mont-Blanc starten, und ich werde es mit der Nervosität eines Newcomers tun. In diesem Jahr war ich vor Ort und habe mich unendlich geärgert, nicht selber laufen zu können. Es war aber eine gewollte Entscheidung, es so zu handhaben. 2024 habe ich gemerkt, dass ich mich noch motivieren kann, dass aber die Gänsehaut-Momente fehlten. Deshalb habe ich mich bewusst rausgezogen. Jetzt, im November 2025, kann ich den August 2026 kaum erwarten. Das Quartier ist gebucht, ich kenne die Strecke, weiß, welche Ausrüstung und Verpflegung ich brauche. Ich scheue die Konkurrenz nicht, ich will mich mit den Besten messen – immer und überall.
Der UTMB sind wie die Olympischen Spiele, es gibt nichts Größeres in unserem Sport. Wenn du dort ablieferst, ist alles drumherum egal. Das Ergebnis beim UTMB ist so wichtig, für dich selbst, für Partner und Sponsoren. Und natürlich steigt mit einem guten Ergebnis auch das Interesse der Firmen, steigen Prämien und Budgets.
Western States, Diagonale du Fou, Hardrock 100 hattest du einmal als deine Sehnsuchtsziele definiert.
NAMBERGER: Eines davon ist erreicht, beim Western States wurde ich 14., vielleicht nicht mit dem bestmöglichen Rennen, aber mit einem Finish, das in Erinnerung bleibt. Wichtiger ist mir aber, dass ich mich lange und akribisch darauf vorbereitet habe. In Nordamerika ist ein anderes Laufen gefragt, etwa ohne Stöcke. Es ist insgesamt sehr gut gegangen und ich habe mir selbst bewiesen, dass ich es schaffen kann, wie auch der dritte Platz beim „The Canyons Endurance Run by UTMB“ bewiesen hat.
Doch dann fiel ich in ein Loch, nennen wir es eine Post-Finish-Line-Depression. Keine Lust mehr zum Laufen, keine Motivation – doch was durch den Sport genommen wird, kann auch durch den Sport zurückkommen.
Ich habe mich entschieden auf die „Diagonale du Fou“ auf Réunion zu verzichten. Keine Lust, kein Brennen danach, kein Support vor Ort und zuletzt auch kein Wille, mir diesen Trip finanziell leisten zu wollen. Mein Budget, das ich von meinen Partnern erhalten hatte, war für zwei Trips in die USA ausgeschöpft. Réunion wäre auf meine Kosten gegangen.
Das Budget, das ich zur Verfügung gestellt bekomme, kann ich nach eigenem ermessen einsetzen, doch es ist eben gedeckelt. Mein Vorteil ist, dass ich frei in meinen Entscheidungen und in keine starren Teamstrukturen eingebunden bin, wie es viele andere Eliteläufer sind.


Kein Interesse, den Körper zu verschrotten
Statt einer Insel im Indischen Ozean wurde es dann eine Insel im Mittelmeer.
NAMBERGER: Ja, Mallorca by UTMB war eine lässige Geschichte, auf vertrautem Terrain, mit einem Sieg im Hauptrennen und mit glücklichen Gesichtern meiner Familie. Die „Diagonale“ ebenso wenig wie der Hardrock 100 laufen mir nicht davon; irgendwann werde ich sie auch bestreiten. Nicht im nächsten Jahr, es gibt zwei, drei Personen, die Hardrock und UTMB im gleichen Jahr laufen können, und ich gehöre nicht dazu.
Wenn wir schon in die Zukunft blicken – bei den World Mountain and Trail Running Championships 2025 in Spanien waren die Ergebnisse deutscher Teilnehmer auf der kürzeren und längeren Trail-Distanz eher durchwachsen. Sind die Weltmeisterschaften 2027 in Südafrika ein Thema für dich?
NAMBERGER: Ich möchte schon, aber das wird sich erst noch entscheiden. Dieses Jahr hatte ich nicht so sehr gebrannt für die WMTRC, wie ich es gerne gehabt hätte. Und wenn mein inneres Feuer fehlt, macht es keinen Sinn für mich, dabei zu sein.
Könntest du einmal Interesse für sogenannte Backyard-Events verspüren?
NAMBERGER: Sicher nicht. Das ist Überlebenskampf auf Selbstzerstörungsbasis. Da geht man an die Grenzen von Körper und Geist. Aber wie trainiere ich das?! Jedenfalls möchte ich meinen Körper nicht verschrotten. Bei 24 Stunden ist für mich Schluss.
Danke für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!


