Esther Fellhofer: „Dachte im Mai oft daran, es bleiben zu lassen“

Esther Fellhofer hat den Großglockner Ultra Trail gewonnen, den Eiger Ultra Trail, den Trail 100 Andorra und den KAT 100 – aber seit einem Jahr kommt die gebürtige Oberösterreicherin nicht mehr in die Gänge, weil ihr die Gesundheit einen Streich nach dem anderen spielt. Für heuer hat sie dennoch wieder ein sehr großes Ziel.

Text: Klaus Molidor
Bild: Lavaredo Ultra Trail

Esther Fellhofer ist eine Frohnatur und ganz sicher niemand, der schnell jammert oder den Kopf hängen lässt. Aber das letzte Jahr hat Spuren hinterlassen. Immer wieder ist sie krank geworden, konnte ihre gewünschte Leistung nicht abrufen oder überhaupt nicht starten und nur sehr eingeschränkt trainieren. Dabei hat sie in ihrer vergleichsweise kurzen Karriere sehr viel erreicht. 2023 hat sie zum Beispiel die KAT100 über 100 Meilen gewonnen, nur 14 Tage nachdem Sieg im Rahmen des Großglockner Ultra Trail den Bewerb über 61 Kilometer für sich entschieden hat. Und: Sie hat bei dem Ultralauf „Wien – Rundumadum“, der 130 Kilometer rund um Österreichs Bundeshauptstadt führt, die Gesamtwertung gewonnen – war also auch schneller als der schnellste Mann.

Auf der anderen Seite hat sie mit einem anderen legendären Rennen noch eine große Rechnung offen, die sie auf alle Fälle noch begleichen will. Am TDS, dem „Sur le Trace des Duce de Savoi“ über 145 Kilometer und unglaubliche 9100 Höhenmeter ist sie dreimal gescheitert. 2023 hat sie das Wetter unterschätzt und hatte bei widrigen Verhältnissen zu dünne Kleidung mit. 2024 hat sie nach 70 Kilometern aufgeben müssen, weil sie eine Enge in der Brust hatte und Probleme mit dem Atmen hatte.

Hier geht’s zu Esther Fellhofers UTMB-Ergebnissen

Für das Interview schneidet sie sich die Zeit aus ihrem Vollzeitjob in der Qualitätssicherung einer Molkerei im Salzburger Pinzgau – und klingt am Telefon trotz einer schwierigen Zeit positiv. 

Wie geht es dir?
Es geht. Ich kann laufen, bin aber nicht leistungsfähig. Seit mehr als einem Jahr bin ich immer wieder krank. Der Grund dafür ist eine Autoimmunerkrankung, an der ist seit Jahren leide. Dazu bin ich von Innsbruck in den Pinzgau umgezogen, hab einen neuen Arzt und eine Therapie, die ich anfangs nicht vertragen habe. Ich kann laufen, aber eben nur langsam.

Wie haben sich die Nebenwirkungen geäußert?
Ich bekam starke Infektionen, war dreimal krank. Dazu haben sich meine Blutwerte negativ verändert und ich war ziemlich schwach. Also musste ich was ändern. Und die neue Therapie scheint gut anzuschlagen. Nebenwirkungen spüre ich jedenfalls noch keine.

Gesundheit und Trailrunning
„Dort wo es in den Leistungs- und Spitzensportbereich geht, geht der positive Effekt auf die Gesundheit natürlich verloren“, sagt Gerhard Schiemer, ehemaliger Ultratrailläufer und heute Trainer.
Thema sind da vor allem Herz-Kreislauf- und Stoffwechsel-Erkrankungen. „Herz-Kreislauf-Erkrankungen machen sich grosso modo erst Jahre nach der Karriere bemerkbar und sind daher schwer zuordenbar“, sagt Schiemer.
Während der Karriere sind Stoffwechselerkrankungen damit das größere Problem. Eine hohe Wettkampfdichte kann da zu Problemen führen. „Unter Stress werden in der Nebennierenrinde Cortisole und Adrenaline ausgeschüttet. Wenn die Nebennierenrinde aber auf Dauer überbelastet ist, kann sie nichts mehr ausschütten. Dann fährt das ganze System herunter, du bist krank und nicht leistungsfähig“, erklärt Schiemer. Das Gute daran: Der Schaden ist nicht irreversibel. „Das springt schon wieder an, aber es braucht dann eine lange Pause von ein, zwei Jahren.“ Eher gefährdet für so einen Systemabsturz sind Athletinnen und Athleten, die noch ein geringes Trainingsalter haben. „Wer 10, 15 oder 20 Jahre im Ausdauersport aktiv ist, ist an die Belastungen eher gewöhnt.“

Oder bist du durchs Übertraining in einen „Systemabsturz“ geraten?
Nein, gar nicht. Vom Übertraining bin ich weit entfernt. Ich kann nur gemütlich laufen. Eigentlich wollte ich den Mozart 100 laufen, weil das ganz in der Nähe ist. Den musste ich absagen. Ich hab lange überlegt, ob ich ihn einfach gemütlich laufe, es dann aber doch gelassen. Ich, mein Körper, brauchen Zeit, bis alles wieder im Lot ist. Und wieder aussteigen, wie beim Ultra Trail Vipava Valley in Slowenien wollte ich auch nicht.

Ultraläuferin mit Sieges-Ambitionen und dazu einen Vollzeit-Job – das sind auch harte Rahmenbedingungen.
Im Moment ist sehr viel zu tun, ich hab sehr viel Stress in der Arbeit. Dazu das Training – außer den beiden Sachen mache ich eigentlich nichts anderes mehr. Aber ich will auch Zeit mit meinem Freund verbringen und gemeinsam was unternehmen. Stress ist für die Krankheit halt auch nicht das Beste. Dabei hab ich jetzt auch begonnen, mit einem Trainer zu arbeiten, um das Training besser zu strukturieren und effizienter zu gestalten.

Nichts zu tun, zu pausieren, das ist für eine Athletin sicher schwer…
Total. Ich denke mir oft, sollte ich nicht was tun, damit ich nicht noch mehr Form verliere. Aber es geht einfach nicht anders. Ich musste Istrien absagen, weil ich dreimal krank geworden bin. 

Kommen da nicht Gedanken auf, es einfach bleiben zu lassen mit der Sport-Karriere?
Sehr lange nicht. Erst im Mai hab ich mir das schon öfters gedacht. Da war ich schon kurz davor, alles hinzuschmeißen. Und dann kommst du wieder raus aus dem Loch – und der Sport ist ja auch ein wichtiger Teil von mir. Dazu habe ich ja Sponsorenverträge. Die wollen ja auch Leistung sehen.

Was den Druck auch verstärkt.
Stimmt. Aber mit Asics hab ich jetzt ausgemacht, dass ich jetzt Pause bis Ende August mache und mich voll auf „Sur les Traces des Ducs de Savoie“, den TDS, konzentriere. Beim vierten Anlauf will ich den endlich finishen. Das sind 145 Kilometer und 9100 Höhenmeter. 

Allein bei diesen Eckdaten fragt man sich, wie gesund der Sport sein kann…Laufen, Bewegung im Allgemeinen, das ist sehr gesund. Das Ultralaufen hat mir sicher eher geschadet. Aber es hat mich jetzt sechs Jahre lang begleitet, das will ich nicht so einfach aufgeben, auch wenn ich schon damit hadere.

Also keine Rennen mehr bis Ende August?
Naja. Wenn ich den Juni über noch pausiere, vielleicht geht es dann wieder. Es kommen jetzt schon richtig coole Rennen, die ich gerne laufen würde. Auf Korsika zum Beispiel, den Großglockner Ultratrail, weil der auch mehr oder weniger mein Heimrennen ist oder den Paznaun Ischgl Ultra Trail, bei dem Asics Sponsor ist. Aber wir werden sehen, wie es mir geht. Ich muss mir die Zeit nehmen, ganz gesund zu werden.

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